Die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Herta Müller hatte die Idee für den Bau eines Exilmuseums 2011. Nun ist sie Schirmherrin des Projekts. Zusammen mit Joachim Gauck (ebenfalls Schirmherr) und dem Kunsthändler Bernd Schultz (auch ein Vordenker dieser Idee) wurde die „Stiftung Exilmuseum“ gegründet. Der damit verbundene ausgelobte Architekturwettbewerb ist entschieden: Von zehn eingereichten Entwürfen fiel die Entscheidung für die dänische Architektin Dorte Mandrup aus Kopenhagen. Ihr Entwurf sieht ein elegantes Gebäude vor, das sich hinter der Rückseite der erhaltenen Bahnhofsfassade wölbt.
Der Neubau soll die Ruine des Anhalter Bahnhofs in Szene setzen. Mandrup setzt die markante Architektur ihres Neubaus der Ruine entgegen. Die Fassade ist von Backsteinmustern geprägt. Bis 2026 soll das Museum fertiggestellt sein. Das Gros der geplanten Baukosten von 27 Millionen Euro muss allerdings zuvor noch von privaten Spendern und/oder dem BUND aufgebracht werden. Noch hat sich die öffentliche Hand nicht zu einer Finanzierung bekannt und die gegenwärtige Gas- und Energiekrise ist sicher keine Hilfe. Die private Planung sorgte bisher für Geschwindigkeit und die Wahl des attraktiven Entwurfs soll dem Projekt einen neuen Schub verleihen. Mandrup gründete ihr Büro 1999 und legte ihren Schwerpunkt zunächst auf Gemeinschaftszentren, Kindergärten und Wohnbauten. Mit der „Wattenmeer-Trilogie“ in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden wurde das Büro bekannt für Museumbauten und Besucherzentren. Ihre wichtigsten Entwürfe sind das Nachbarschaftszentrum Jemtelandsgade und das Amager Children‘s Culture House, beide in Kopenhagen.
Das Berliner Exilmuseum soll Lebensgeschichten von Exilanten erzählen, die ab 1933 aus Nazi-Deutschland fliehen mussten. Neben historischen Fakten und Einzelbiografien zeichnen sie oft tragischen Lebenswege nach.
Der Anhalter Bahnhof verband in seiner Blütezeit in den 1920er-Jahren Berlin mit anderen Städten. Viele Intellektuelle und Künstler kamen am Anhalter Bahnhof an. Wie ein sanft geschwungener Bogen soll das Gebäude die Bedeutung des Bahnhofsfragments hervorheben. 1961 wurden die Reste des Bahnhofs abgerissen – nur noch das Portal erinnert an ihn. Eine Fläche mit Kopfsteinpflaster am Askanischen Platz soll Besucher in das Museum führen. Zwischen Bahnhofsfragment und Neubau entsteht ein Platz – „eine Leerstelle zwischen Vergangenheit und Gegenwart“, wie Mandrup es nennt. Von dort aus haben Besucher durch die großen Schaufenster im Erdgeschoss hindurch bereits eine gute Sicht auf die Aktivitäten im Museum. Die Eingangshalle soll ein weitläufiger Raum mit großen Öffnungen zu allen Seiten sein, die Tageslicht hereinlassen und Ausblicke ermöglichen. Besucher würden laut Entwurf von einem dreistöckigen Foyer empfangen, von dem aus sie sich über Treppen und Galerien durch das Gebäude bewegen. Die perforierte Backsteinfassade rahmt die Ausblicke und erzeugt flackerndes Licht im Foyer.
Das Exilmuseum soll nach Wunsch der Bauherren Ausstellungsräume, Bildungseinrichtungen und ein Restaurant mit Außenterrasse beherbergen. Vor dem Verlassen könnten Besucher auf der Dachterrasse einen Blick über Berlin genießen.
Das Grundstück, auf dem das Exilmuseum geplant ist, befindet sich nah am Gropius-Bau und dem Potsdamer Platz. Schräg gegenüber befindet sich neuerdings das „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“; die beiden Bauten und Institutionen versprechen, ein interessantes ungleiches Paar zu ergeben. Die Vertreibung ins Exil und die Vertreibung nach Deutschland am Ende des Krieges gehören inhaltlich streckenweise zusammen.