Im Interview mit Berlin vis-à-vis erläutern Axel Schmidt (Arnold und Gladisch) und Uwe Freitag (mib – märkische ingenieur bau), wie durch das ökologische Typenhaus-Konzept künftig kostengünstige, grüne Quartiere entstehen können.
Gerade wurde der Richtkranz für das STADT UND LAND TYPENHAUSeco gehoben. Warum ist das Projekt etwas Besonderes?
Axel Schmidt: Das TYPENHAUSeco ist ein Leuchtturmprojekt zur Klimaschutz- und Ressourcenschutzwende im kommunalen Wohnungsbau. Kostengünstiges Bauen ist eine dringende Notwendigkeit in Berlin, der die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften unter anderem mit Typenhauskonzepten begegnen. Unser TYPENHAUSeco will nicht nur kostengünstiges und schnelles, sondern auch klima- und ressourcenschonendes Bauen ermöglichen. Mit diesem Pilotprojekt erproben wir den seriellen Holz- Wohnungsbau.
Welchen Beitrag leistet das TYPENHAUSeco konkret für den Klimaschutz?
Uwe Freitag: Auf den Buckower Feldern verbinden wir Bautätigkeit mit Erkenntnisgewinn: Neben dem TYPENHAUSeco entsteht ein Zwillingsbau in Massivbauweise. In den ersten Jahren des Betriebes werden beide Häuser von Hochschulen erforscht und ausgewertet. Auf diese Weise werden Erkenntnisse für künftiges ökologisches Bauen gewonnen.
Axel Schmidt: Die bereits erstellte Ökobilanz erlaubt uns einen ersten Vergleich zwischen dem Holz-Prototypen und seinem massiven Zwilling: Das TYPENHAUSeco schafft ein Einsparpotenzial an Treibhausgasemissionen von knapp 40 Prozent gegenüber der Massivbauweise. Durch Optimierung einzelner Bauteile bei künftigen Projekten ließen sich sogar bis zu 60 Prozent einsparen.
Würden Sie sagen, dass das Bauen mit Holz höhere Kosten bedeutet?
Uwe Freitag: Die Holzbauweise ist im Vergleich zur Massivbauweise tatsächlich noch etwas teurer. Die Mehrkosten könnten wir bei künftigen Eco-Projekten reduzieren, indem wir größere Baumaßnahmen realisieren – bei größeren Projekten hätten der Skaleneffekt und Wiederholungsfaktor einen positiven Effekt auf die Kosten. Durch unser Typenhauskonzept haben wir das übliche Preisdelta zwischen konventioneller und Holzbauweise aber auch schon bei unserem Prototypen reduzieren können.
Axel Schmidt: Zu beachten ist auch, dass sich im Falle einer CO2-Bepreisung von Baustoffen – und diese ist ja in der Diskussion – die Herstellungskosten von konventioneller Bauweise mit hoher CO2-Emmission und Holzbauweise mit CO2-speichernder Wirkung angleichen werden.
Welche Herausforderungen beim Bauen mit Holz haben sich beim Prototyp hinsichtlich der bautechnischen Standards ergeben und welche Lösungen haben Sie dafür gefunden?
Uwe Freitag: In der Tat gibt es beim mehrgeschossigen Bauen mit Holz besondere Anforderungen, die von den Planenden im frühen Planungsprozess berücksichtigt werden müssen, um später materialgerecht bauen zu können. Holz ist nun mal ein brennbarer Baustoff. So gilt es, für den Brandschutz eine Vielzahl baurechtlicher Vorgaben zu beachten. Bei unserem Prototyp haben wir die tragenden und trennenden Bauteile entsprechend „eingepackt“ bzw. dicker dimensioniert.
Auch zum Thema Schallschutz im Holzbau gibt es Vorurteile, etwa dass Holzwände und -decken durch die leichte Bauweise „hellhörig“ seien. Hier kann man aber durch entkoppelte Bodenaufbauten mit entsprechender Masse und schalldämmenden Vorsatzschalen an empfindlichen Wänden Abhilfe schaffen.
Ein Aspekt, bei dem der Holzbau gegenüber dem Massivbau die Nase vorne hat, ist der Wärmeschutz. Holz bringt gute Dämmeigenschaften mit, so dass Wärmebrücken oder aufwändige Details zur Vermeidung genau dieser im Holzbau kein großes Thema sind.
Wie geht es mit dem STADT UND LAND TYPENHAUSeco weiter?
Axel Schmidt: Vor dem TYPENHAUSeco haben wir bereits ein Typenhauskonzept in Standardbauweise entwickelt, das STADT UND LAND TYPENHAUSplus. Zuerst haben wir einen Prototypen mit der mib geplant und realisiert und anschließend einen umfangreichen Planungskatalog für weitere Typenhausprojekte erarbeitet. Unser Ziel wäre es, mit dem TYPENHAUSeco ähnlich zu verfahren, einen Katalog als Planungsbaukasten für künftige Projekte zu entwickeln. Konzeptionell haben wir bereits weitere Wohnungstypen angedacht, um einen breiteren Mix für die Zukunft zu haben, aber ausgearbeitet sind sie noch nicht. Die Wohnungsbausteine sollten für unterschiedliche Himmelsausrichtungen geeignet sein. Wichtig ist auch, dass die einzelnen Gebäudegrundrisse gereiht werden können. Auch möchten wir ein Eckmodul entwickeln, um flexibel auf unterschiedliche städtebauliche Situationen reagieren zu können. Im Ergebnis soll ein Typenkatalog für Holzbau entstehen, der einerseits ein hohes Maß an Standardisierung und Elementierung gewährleistet, andererseits Flexibilität und Individualität ermöglicht und somit kontextuelle, lebenswerte Projekte hervorbringt.
Uwe Freitag: Wir hoffen, mit dem Konzept künftig mehr grüne Quartiere realisieren zu dürfen. Zudem möchten wir mit dem Planungsteam der Frage nachgehen, ab welcher Projektgröße die Vorfertigungspotenziale und die Zeitersparnis in der Projektrealisierung beim Holzbau zu einer Baukostenneutralität im Vergleich zum Massivbau führen.