"Wir bauen für eine vielschichtige Bewohnerschaft"

Visualisierung der künftigen Bebauung des Segelflieger Quartiers
Interview mit Daniel Herrmann von der Bauwert AG

Modernes Wohnen in Berlin mit einem weiten Blick auf Wiesen, Bäume und manchmal auch Weidetiere – das ist bald möglich im Treptow-Köpenicker Ortsteil Johannisthal. Auf dem Gelände des ehemaligen Motorflugplatzes errichten der Berliner Projektentwickler Bauwert und das Land Berlin ein gemischtes Wohn- und Gewerbequartier in direkter Nachbarschaft zum größten deutschen Innovations- und Technologiepark Johannisthal-Adlershof. Interview mit Daniel Herrmann vom Vorstand der Bauwert AG.

Daniel Herrmann, Vorstand der Bauwert AG

Herr Herrmann, mit der Bebauung dieses riesigen Areals stehen Sie sicherlich vor einer großen Herausforderung.

Als Bauwert freuen wir uns sehr, das neue Stadtquartier Segelflieger Quartier in Berlin-Johannisthal zu entwickeln. Es handelt sich immerhin um eines der größten Quartiere Berlins mit einer Fläche von ca. 214 000 Qua-dratmetern – dieser Herausforderung nehmen wir uns gerne an und sind ihr durchaus gewachsen. Als einer der führenden Projektentwickler realisieren wir in Berlin und Brandenburg erstklassige Gebäude und Quartiere, die das Stadtbild und die Lebensqualität für Generationen bereichern. Mit klassisch anmutiger Architektur, zukunftsweisender Technik und flexiblen Nutzungskonzepten werden wir auch in Johannisthal punkten.

In Johannisthal entsteht ein modernes Stadtquartier mit kurzen Wegen

Angesichts der Wohnungsnot in Berlin, lässt ein neues großes Stadtquartier viele Menschen hoffen. Wie viele Wohnungen sind geplant und wer werden die künftigen Bewohner sein?

Auf dem 21 Hektar großen Areal werden insgesamt ca. 1 800 Wohnungen geschaffen. Etwa ein Viertel davon wird als geförderter Wohnungsbau errichtet. Das Stadtquartier wird ein Spiegelbild Berlins. Wir bauen für eine vielschichtige Bewohnerschaft, für Menschen unterschiedlichster Altersstufen, Einkommens- und Lebenssituationen. Besonders legen wir Wert darauf, dass das Quartier sowie der überwiegende Teil aller Wohnungen barrierefrei zugänglich sein werden. Wichtig ist uns dabei, dass nicht nur Wohnungen gebaut werden, sondern dass auch ein vielfältiges und lebenswertes modernes Quartier der kurzen Wege entsteht, das mit einem abwechslungsreichen Angebot an Nahversorgung, Gastronomie, sozialer Infrastruktur sowie Gewerbeflächen und Bürogebäude ergänzt wird. Wir wollen keine monotone Schlafstadt schaffen, sondern einen urbanen Stadtteil, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner sich wohl fühlen, dort gerne leben und arbeiten und auch den Bezug zu der Geschichte des Ortes spüren.

Gastronomie und verschiedene Einkaufsmöglichkeiten sind fester Bestandteil des Quartierskonzepts

Die Geschichte des Ortes als Wiege der Deutschen Luftfahrt soll weiterhin erfahrbar sein. Wie setzen Sie das um?

Natürlich bezieht sich schon der Name ‚Segelflieger Quartier‘ auf die Geschichte des Ortes. Aber nicht nur dies: Auch die von uns errich-teten Gebäude und deren Na-mensgebung werden den Bezug insbeson-dere zur Luftfahrtgeschichte weiter-leben lassen. Es ist geplant, einzelne Aviatik- und standortbezogene Elemente in die Ge-staltung von Außenanlagen und Innen-räumen aufzunehmen. Auch die Benennung der neuen Straßen soll einen Bezug zur Geschichte des Areals herstellen.

In der Umgebung gibt es ruhige Wohnstraßen mit Einfamilienhäusern. Wie wird sich das neue Quartier auf das bestehende Umfeld auswirken?

Auch für die bestehende Nachbarschaft werden sich sicher viele neue positive Aspekte mit unserer Quartiersentwicklung ergeben – wenn Gastronomie kommt, Läden, Geschäfte, Ärztehäuser und vieles mehr, bedeutet dies auch für die heutige Nachbarschaft eine Bereicherung. Gerade hinsichtlich Gastronomieangeboten ist der Stadtteil bisher eher schwächer aufgestellt. Natürlich bedeutet es auch, dass es über ein paar Jahre Bautätigkeiten geben wird, aber wir leben ja schließlich im sich ständig wandelnden Berlin.

Wie reagieren die Anwohner auf das Neubauvorhaben?

Das Feedback, das wir bisher erhalten, ist sehr positiv. Schon über Jahre hat dieses große Areal, auf dem zu DDR- Zeiten zuletzt Kühlautomaten hergestellt wurden, brach gelegen und ist sichtbar verfallen. Zudem war das Gelände über zwei Jahrzehnte für die Nachbarschaft nicht mehr zugänglich und erlebbar. Insofern erleben wir die Anwohnenden als aufgeschlossen für das, was in ihrer Nachbarschaft passiert.

Der Landschaftspark kann auf einem Rundweg umlaufen werden, der an den Rändern des geschützten Kernbereichs entlangführt

Nicht weit entfernt befindet sich der Technologiepark Adlershof mit der Humboldt-Universität und anderen Wissenschaftseinrichtungen und Unternehmen. Sind weitere Technologie-Firmen auf dem neuen Gelände zu erwarten?

Die neu entstehenden Gewerbeflächen werden ein Teil des renommierten Technologieparks Adlershof sein und bilden damit das nördliche Eingangstor zum Wissenschaftsstandort. Dabei sind die neuen Flächen über die neue Straßenbahn direkt an den Kernbereich des Wissenschaftspark angebunden. Die Kombination aus Arbeiten und Wohnen, wie sie im Segelflieger Quartier geplant ist, ist für Unternehmen mit Technologie- und Forschungsbezug besonders interessant, um Talente, auch international, anzuziehen und langfristig zu binden. Die vorhandene Infrastruktur und das Wissenscluster machen die gewerblichen Flächen zu einem hoch spannenden Standort. Wir erwarten ein hohes Interesse von Start-ups und Technologie-Einrichtungen.

Was ist ein herausragendes Merkmal des künftigen neuen Quartiers?

Das Segelflieger Quartier ist als 5-Minuten-Quartier konzipiert, das heißt alle Bedarfe des täglichen Lebens sollen in weniger als fünf Gehminuten zu erreichen sein. Wir planen einen attraktiven Nutzungsmix mit vielen, auch öffentlich zugänglichen Gebäuden. So liegen Gastronomie und Cafés, Nahversorgung, Kita, Quartiersparkhaus mit Mobility Hub, Stadtteilzentrum, Arztpraxen und Schule in direkter Nachbarschaft. Dazu kommt eine Vielzahl an zentralen Plätzen und Grünanlagen. Zudem werden wir an mehreren Stellen an die spannende Historie des Orts erinnern. Das gesamte Quartier wird nach den höchsten Nachhaltigkeitsstandards geplant und wir streben eine DGNB-Zertifizierung in Gold an.

Der weitläufige Landschaftspark Johannisthal in direkter Nähe bietet Erholung in grüner Natur

Was ist über die Architektur der künftigen Bauten schon zu verraten?

Wir arbeiten mit sechs bekannten Architekturbüros, überwiegend aus Berlin, sowie einem gemeinsamen Landschaftsarchitekten. Es wird eine hochwertige und vielfältige Architektur entstehen, die harmonisch aufeinander abgestimmt ist. Für uns als Projektentwickler ist es wichtig, ein abwechslungsreiches Stück Stadt zu schaffen, das zu Berlin und der Umgebung passt.

Was geschieht mit den alten Bestandsbauten, welche Rolle spielt der Denkmalschutz?

Aufgrund der besonderen Historie des Areals spielt der Denkmalschutz bei der Entwicklung des Quartiers eine wichtige Rolle. Die Bestandsbauten Halle 5, Halle 6 und das frühere Verwaltungsgebäude im Denkmalbereich werden denkmalgerecht restauriert und sind öffentlichen Nutzungen vorbehalten. Vor allem den Bewohnern des Quartiers und der Nachbarschaft aus Johannisthal werden sie nach langer Zeit wieder zugänglich gemacht. Die beiden Hallen 4 und 7, welche aufgrund des fortgeschrittenen Verfalls nicht mehr erhaltbar waren, werden in ähnlicher Form, Kubatur und Materialität neu errichtet und schaffen eine  Symbiose zwischen historischen Bestandsbauten und neuer Bebauung.

Wann werden die ersten Menschen einziehen und wann wird die Bebauung insgesamt abgeschlossen sein?

Die Fertigstellung und Übergabe der ersten Wohnungen ist für Mitte 2028 geplant. Bis voraussichtlich Ende 2030 wird das Quartier sukzessive fertiggestellt. Wir freuen uns darauf!

 

Erschienen in Berlin vis-à-vis Heft 98/2025

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