Muskel, Pumpe, Organ und Sinn-
bild des Lebens – das ist unser Herz. Es steht für Liebe, wird in Bäume geritzt und schon von
Kindern auf Papier gemalt. Sein Herz zu spüren, kann eine gute oder eine schlechte Nachricht sein. Aber gewiss ist: Jeder kann selbst eine Menge für sein Herz tun
Zwei Kammern, zwei Vorhöfe, zwei Taschenklappen, zwei Segelklappen, eine Scheidewand, zwei Wege hinein und zwei hinaus – das ist das Herz. Bei einem gesunden Erwachsenen schlägt das Herz im Ruhezustand zwischen 60 und 90 Mal pro Minute, also etwa 100 000 Mal pro Tag. Durch seine Kontraktionen werden täglich um die 10 000 Liter Blut in die Blutgefäße gepumpt und wieder zurückgeholt.
10 000 Liter, das ist ungefähr der Wasserinhalt eines Pools mit einem Durchmesser von drei Meter fünfzig und einer Tiefe von einem Meter zwanzig oder von rund 65 mit Wasser gefüllten Badewannen. Was für eine Leistung!Man muss kein Herzspezialist sein, um zu wissen, welche Bedeutung das Herz hat. Selbst Kinder wissen das schon, wie der fünfjährige Karl: „Wenn das Herz nicht mehr schlägt, ist man außer Betrieb.“
Ohne Herz läuft nichts. Grund dafür ist, dass ohne ein schlagendes Herz kein Blut fließen würde. Mit dem Blut werden Nährstoffe, Mineralien, Botenstoffe, Gifte und vor allem Sauerstoff transportiert. Das Blut bringt den Sauerstoff in die Peripherie und alle Organe, die ohne Sauerstoff absterben würden. „Die Durchblutung von Lunge, Nieren, Gehirn und des Herzens selber über seine Herzkranzgefäße ist Voraussetzung für Leben“, sagt Andreas Carganico. Seit mehr als 30 Jahren kümmern sich der Mediziner und sein Team um Menschen jeden Alters, egal mit welchen Sorgen, Ängsten und Krankheiten sie in seine Praxis, einer Akademischen Lehrpraxis der Charité, kommen. Meist steht dabei das Herz im Focus. „Das Herz ist in seiner Funktion ein ganz fein abgestimmtes System und als Ganzes – ein Wunder der Natur“, so Carganico. Bereits am 22. Tag, also in der fünften Schwangerschaftswoche beginnt das Herz eines Ungeborenen zu schlagen und eine Woche später ist der Herzschlag per Ultraschall nachweisbar.
Gift fürs Herz
Wer einmal ein Herzultraschall zu sehen bekommt, kann erstaunt feststellen, wie zart das Herz doch ist. Seine Herzklappen bewegen sich so federleicht, als ob ein Frühlingswind hindurchpustet. Es schlägt einfach vor sich hin, man hört es in der Regel nicht. Und wenn dann doch, ist meist eine schnelle Hilfe erforderlich. Laut Statistischem Bundesamt sind Herz- Kreislauferkrankungen die Todesursache Nummer eins. 338 000 Menschen sind beispielsweise im Jahr 2020 in Deutschland daran verstorben. Das sind 338 000 Schicksale. Bleibt die Frage, was kann die Gesellschaft und jeder Einzelne tun, um das zu vermeiden? Negativer Stress, Aufregung an falscher Stelle, Existenzängste, Ärger im Job, schlechte Ernährung und Gewohnheiten wie Rauchen, das alles ist Gift für unser Herz. Selbst Schweigen kann schädlich sein. Schon Shakespeare wusste: „Der Kummer, der nicht spricht, nagt leise an dem Herzen, bis es bricht.“
Selbsttest und Anamnese
Tatsächlich kann jeder relativ früh erkennen, ob sein Herz im grünen Bereich schlägt. Wie gut vertrage ich Sport, wie geht es mir bei körperlichen Belastungen, das sind Fragen, die sich jeder selber stellen kann. Für den Arzt sind dann zur Anamnese Lebensstil und Familiengeschichte, der Blutdruck und die Blutwerte interessant. Ob organische oder nichtorganische Ursachen einem Herzproblem zugrunde liegen, kann über die Frage der Reproduzierbarkeit des Schmerzes unter Belastung geklärt werden: „Die Feststellung, dass der Brustkorb immer beim Treppensteigen enger wird, ist zum Beispiel ein hochsignifikantes Signal für ein organisches Problem“, erklärt Carganico. Zur genauen Abklärung der Art und Schwere einer Herzerkrankung werden dann weitere Untersuchungen wie Ultraschall, Belastungs-EKG oder sogar Herzkatheter-Untersuchungen und der Radiologe hinzugezogen.
Herz-Gesundheit
Jeder kann selbst eine Menge für sein Herz tun. „Das Herz kann trainiert werden. Leistungssportler sind ein gutes Beispiel dafür. Nur durch Training und eine gesunde Lebensweise sind diese zu großartigen sportlichen Leistungen fähig“, weiß Carganico. „Allgemein gilt, wer anfängt, sich positiv zu belasten, wird fitter.“ Ein einfaches Herz-Kreislauf-Training ist ein guter Anfang. Dazu gehört natürlich, auch einmal außer Puste zu kommen. Fitness-Uhren, Gesundheits-Apps, Personaltrainer, Gesundheitsprogramme der Krankenkassen und „natürlich die Hausärzte helfen dabei, seine Werte im Blick zu behalten und weiter auf einem guten Weg zu sich selbst zu bleiben“, empfiehlt Carganico.
Selbst bei organischen Herzkrankheiten gibt es Wege, die Lebensqualität wieder zu erhöhen. Carganico bestätigt: „Bei einer Durchblutungsstörung, beispielsweise wie der koronaren Herzkrankheit, bei der die großen Adern, die das Herz mit Sauerstoff versorgen, verengt sind, kann diese Verengung per Stent beseitigt werden. Und auch bei einer Herzinsuffizienz kann das Herz nach der Erneuerung der Herzklappe wieder kräftig schlagen.“ Der Erfolg hängt jedoch, neben dem operativen Eingriff, auch von jedem selbst ab. Und das bedeutet, Verantwortung für sich zu übernehmen. „Der Basis-Schutz für unser Herz ist Selbstliebe. Damit sind nicht das egoistische Denken oder die permanente Selbstreflexion gemeint, sondern die Erkenntnis, was mir wirklich gut tut, und der Wille, danach zu leben“, legt uns Carganico ans Herz.
Was ist noch normal?
Herzinfarkt, Angina Pectoris, Bluthochdruck – niemand möchte das haben und doch ist so mancher auf dem Weg dahin. Aufhören zu rauchen? Mache ich morgen. Fettes essen? Ich gönn mir ja sonst nichts. „Leider frönt die Mehrzahl der Menschen einer Ernährungsweise, die zu einem vorzeitigen Tod führen muss“, so der Arzt, Ernährungsexperte und Autor Dr. Joel Fuhrmann in seinem Buch „Heal your Heart eat smart“. Er klagt darin die Glorifizierung von Süchten nach Fastfood, Alkohol und Drogen an und fordert, dass „die Normalität wieder neu definiert werden muss“. Damit meint er, dass schädliche Verhaltensweisen in der Masse zwar populär sind, aber nicht länger als normal hingenommen werden dürfen. Sehr einfach und eindringlich erklärt er, was wie auf das Herz wirkt. Sein Credo „Nahrung kann töten oder heilen – Sie haben die Wahl“ bringt die Problematik auf den Punkt. Verzicht ist kein Verzicht, sondern der Weg zur Heilung. Und das geht auch mit Genuss.
Information
Ernährung
„Heal your Heart. Eat Smart”, ein Eat-to-live-Programm zum Heilen und Vorbeugen von Herzkrankheiten, Dr. Joel Fuhrman, Unimedica Verlag