Das war die EM 2024

Public Viewing auf der Fan-Zone Brandenburger Tor
Die gute Stimmung bei dieser Europameisterschaft wird in Erinnerung bleiben

Diese Fußball-Europameisterschaft hat endlich mal wieder Spaß gemacht. Nach den verkorksten Turnieren der letzten Jahre – die WM in Katar im Winter oder die UEFA Europameisterschaft in der Coroanzeit vor drei Jahren – gab es wieder ein richtiges Fußballfest.

Ganz zum Schluss war es dann auch ein richtig königliches Ereignis, als der spanische König Felipe VI. und der englischen Prinz Wiliam im Berliner Olympiastadion ihren jeweiligen Teams im Finale die Daumen drückten. Sie waren zwei von insgesamt 2,6 Mio Stadionbesuchern aus 190 Ländern bei dieser 17. Europameisterschaft des Fußballs. Spanien hat das Finale als beste
Mannschaft des Turniers gewonnen. Zum zweiten Mal hintereinander in einem EM-Finale musste sich die englische Mannschaft zum Leidwesen ihrer Fans wieder geschlagen geben. Die Sehnsucht einer ganzen Nation, nach dem WM-Sieg vor 58 Jahren endlich wieder einen bedeutenden Titel im nationalen Fußball zu holen, bleibt also bestehen.

Public Viewing auf der Fan-Zone Brandenburger Tor

Der Fußball als solcher hat gewonnen: Da wäre die neue „Mecker-Regel“, bei der nur die Mannschaftskapitäne mit dem Schiedsrichter reden, wenn es um Beschwerden geht. Der Deutsche Fußball-Bund hat diese Regel nun auch mit sofortiger Wirkung für alle Spielklassen in Deutschland übernommen. Denn die bei der EM erprobte Vorgehensweise ließ weniger Diskussionen und Rudelbildungen zu, dafür aber mehr Netto-Spielzeit. Es gab unzählige Fußball-Highlights und spannende Auftritte wie
die des albanischen Teams, einer der Teilnehmer, mit dem wohl die wenigsten bei der EM-Hauptrunde in Deutschland gerechnet haben, oder der Mannschaft aus Georgien, der es sogar gelang, sich für die K.o.-Runde zu qualifizieren. Das offensive Spiel der damit zum Geheimfavoriten gewordenen Österreicher, die dann zu eigener und aller anderen Überraschung in ihrem ersten K.o.- Spiel gegen die Türkei ausschieden, bei der der türkische Torwart Günok mit einer Weltklasseparade den Last Minute-Ausgleich der Österreicher verhinderte. Oder das Fallrückzieher-Tor mit dem Jude Bellingham für seine englische Mannschaft in der fünften Minute der Nachspielzeit im Achtelfinale gegen die tapferen Slowaken Verlängerung erzwang und damit sein Team zurück ins Spiel brachte. Über allem aber ragt der spanische Jungstar Lamine Yamal hervor. Als er den französischen Spieler Adrien Rabiot im Halbfinale umkurvt, um den Ball im französischen Tor zu versenken. Jener Rabiot hatte vor dem Spiel geäußert:“Wenn Yamal in einem Finale spielen will, muss er mehr zeigen, als er bisher getan hat.“ Yamal ließ Taten sprechen und fügte auf Social Media nach dem Spiel noch hinzu: „Bewege dich schweigend, sprich nur, wenn es Zeit ist, schachmatt zu sagen.“ Einen Tag nach seinem siebzehnten Geburtstag wurde er dann Europameister.

Jubel für die Türkei in der Fan-Zone am Reichstag

Und die Deutsche Mannschaft? Nach dem frühen Ausscheiden der deutschen Mannschaften bei den letzten Turnieren, gepaart mit schwachen spielerischen Leistungen, verhinderte das DFB-Team die noch bis ins Frühjahr befürchtete Blamage. Mit einem furiosen Auftaktsieg gegen Schottland und dem folgenden Sieg gegen Ungarn entfachte die deutsche Elf von Anfang an die Begeisterung bei ihren Anhängern. Mit Spannung und kämpferischen Qualitäten bei den Spielen gegen die Schweiz und Dänemark spielte sich die deutsche Mannschaft wieder zurück in die Herzen der Fans. Dies war auch im Viertelfinale gegen Spanien der Fall. Das Team bot dem späteren Europameister Paroli, indem es kurz vor Ende der regulären Spielzeit mit dem Ausgleich Spanien in die Verlängerung zwang. Kurz vor Ende dieser Verlängerung, wo sich alle schon ein wenig auf das Elfmeterschießen einstellten, setzte Spanien mit dem späten 2:1 jedoch den Lucky Punch. Das deutsche Team war das einzige, welches Spanien in 90 Minuten nicht besiegen konnte und bei dem die Spanier dafür die Verlängerung benötigten.

Gewonnen haben aber auch die Fußball-Fans. Abgesehen davon, dass die Besucher aus ganz Europa die Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn auch mal erfahren durften und die Mängel des Dortmunder Stadiondaches bei Regen zu spüren bekamen, gab man den europäischen Gästen das Gefühl, zu Gast bei Freunden zu sein. Man nahm damit den Faden von der Heim-WM 2006 wieder auf. Die Gesänge der schottischen Bravehearts und die Tänze der Holländer bleiben unvergessen. Natürlich ist auch der Wiedervereinigungseffekt zwischen den heimischen Fans und ihrer Mannschaft erwähnenswert. Die Liebe zur Auswahl mit dem Adler auf dem Trikot ist im Laufe eines friedlichen und fröhlichen Turniers von Neuem entflammt. Die gute Stimmung bei dieser Europameisterschaft wird in Erinnerung bleiben, der Appell des deutschen Trainers Julian Nagelsmann nach mehr Zusammenhalt in unserer Gesellschaft hoffentlich auch. In krisenhaften Zeiten war und bleibt dieses Fußballfest mit seiner positiven Ausstrahlung ein herausragendes Ereignis für ganz Europa.

Steffen Dobrusskin

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