Seit 45 Jahren führt Günter Marotzke seinen Malereibetrieb.
Nun leitete er einen behutsamen Generationenwechsel ein.
Er umgibt sich gern mit schönen Dingen: Zwei große Berlin-Gemälde in auffälligen Farben hängen in seinem Büro, ein kleiner Buddy-Bär steht auf dem Schreibtisch. „Das ist Ausdruck meiner bunten Gedanken“, sagt Günter Marotzke, Malermeister und Geschäftsführer der gleichnamigen Firma. 45 Jahre ist es her, seit er seine eigene Firma mit dem Ziel gegründet hat, die Stadt zu verschönern.
Schönheit in die Stadt zu bringen – wie oft ihm und seinem 100-köpfigen Team dies gelungen ist, zeigt eine sehr lange Liste von zufriedenen Kunden. Die Humboldt-Universität verdankt ihm 5 000 Quadratmeter neue Fassadenbeschichtung mit Mineralfarbe, so dass sie wie in ihren Gründungsjahren erstrahlte. Eine Wohnanlage in Reinickendorf erfreut das Auge in gelb, orange und pink und dem denkmalgeschützten Haus des Architekten Bruno Taut am Engelbecken verhalf Firma Marotzke behutsam zu neuem Glanz.
Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass diese Firma nach außen strahlen kann, ist die innere Ruhe des Chefs und die Tatsache, dass man sich jederzeit auf ihn verlassen kann – und dieser sich auf seine Mitarbeiter: so zum Beispiel auf Benjamin Prawitz, seit 35 Jahren im Unternehmen, gehört seit März zur Geschäftsführung – eine feste Bank, wie viele langjährige Mitarbeiter, die mit dem Unternehmen Jahre und Jahrzehnte gewachsen sind. Die Kollegen sollen sich wohlfühlen, das bringt Beständigkeit und Verlässlichkeit. Die Zukunft hat Marotzke immer im Blick: In 45 Jahren hat der Betrieb etwa 150 Lehrlinge zu Malergesellen ausgebildet. Davon profitierte die gesamte Malerinnung.
Ein Mitarbeiter ruft von der Baustelle an, es geht um eine technische Frage – Marotzke entscheidet. So ist er. Immer ansprechbar, einsatzfreudig und auch ausgesprochen freundlich im Ton. Das ist sicherlich auch in seiner eigenen Biografie begründet: Sein Vater war Tischler, seine Mutter Platzanweiserin im Kino und Hausfrau. „Man darf nie vergessen, wo man hergekommen ist“, sagt er. Geboren in Lankwitz, Hauptschul-Abschluss in Steglitz, es folgten eine Malerlehre und vier Jahre Arbeit als Geselle. Ein schöner Beruf, er habe ihn gern ausgeübt, erzählt er. Aber sich am frühen Morgen in ausgekühlten Bauwagen umziehen zu müssen, das trübte schon die Freude. Marotzke arbeitete hart. Eine Begegnung während der Frühstückspause am Ku’damm sollte alles ändern: „Mensch Marotzke, was machst Du denn hier,“ begrüßte ihn sein Berufsschullehrer von damals. Er erzählte ihm von der „Fachschule für Farben und Lacke“, an der man sich zum staatlich geprüften Techniker ausbilden lassen konnte. Marotzke hatte Lust weiterzukommen. Zunächst leitete er in einer Firma eine eigene Abteilung und war zuständig für alles, von der Akquise bis zur Abrechnung. Mehr Praxis ging nicht. Marotzke entdeckte seinen Sinn für Kommunikation. Er holte Aufträge rein. Der Gedanke an Selbstständigkeit war geboren. Im Juli 1976 war es dann so weit, er gründete einen Ein-Mann-Betrieb. Aber Marotzke wollte mehr und: „Kein kleiner Krauter sein“ und „weg von der Wand“, waren seine Ziele. In größeren Dimensionen denken, das wollte und das konnte er schon damals. Der 25-Jährige setzte sich ein Limit von fünf Jahren, ob er dafür tauge, eine Firma zu führen. Einen Monat nach Gründung setllte er seinen ersten Malergesellen ein, Günter Klockenberg. Die Frist verstrich im Erfolgsrausch. Als er zehn Gesellen hatte, legte er den Pinsel aus der Hand und kümmerte sich vorwiegend um neue und alte Kunden. Klockenberg stieg zum Bauleiter auf und wurde Prokurist. Er und Marotzke wurden Weggefährten. Heute macht sein Unternehmer bis zu 10 Millionen Euro Umsatz im Jahr.
Das 40-jährige Firmenjubiläum feierte die Firma auf einem Dampfer, der sie vom Berliner Dom zum Müggelsee schipperte. Sogar ehemalige Mitarbeiter waren angereist. „Der Wert meines Unternehmens sind meine Mitarbeiter.“ Jetzt soll Sohn Philipp, der schon lange im Betrieb ist, in Vater Marotzkes Fußstapfen treten. Im Mai dieses Jahrs war es soweit: Philipp Marotzke begann als Prokurist in der Firma. Auch Nicola, der jüngere Sohn, ist bereits mit dabei. Beiden hat Günter Marotzke, wohl auch eingedenk seines eigenen Lebenslaufs, eine sehr gute Ausbildung angedeihen lassen. Bildung, weiß Marotzke, ist eine Investition fürs Leben. Beide Söhne studierten in England, Philipp in London Betriebswirtschaft und Nicola in Loughborough Sportwirtschaft. Heute sind sie als Seiteneinsteiger im Unternehmen angekommen. Philipp hat noch einen zweiten kleinen Betrieb, ist Ausschussvorsitzender der Malerinnung Berlin und kümmert sich dort um diverse Veranstaltungen. Dass sie beide keine Maler sind, stört Marotzke Senior wenig. Das Fachwissen kann man ihnen beibringen – aber die Qualitäten und Kontakte, die sie aus London mitgebracht haben, sind unbezahlbar. Und er weiß, sie steigen in ein Unternehmen ein, das viele erfahrene Mitarbeiter tragen. Da sind sie gut aufgehoben, können ihre Ideen einbringen und behutsam einen Generationenwechsel einleiten.