Sinnvolle Fördermaßnahmen statt Zwangsverordnungen!

Seit Anfang 2024 gilt das Gebäudeenergiegesetz, GEG, welches erneut novelliert wurde. Ziel des Gesetzes ist es, den Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen voranzubringen. Allerdings müssen auf dem Weg dahin noch viele Probleme gelöst werden.

Der Name ist eine Erfindung der Medien. Es gibt kein Heizungsgesetz. Es gibt das Gebäudeenergiegesetz, GEG, welches erneut novelliert wurde. Dies ist zugegebener maßen keine griffige Bezeichnung für die Medien, da es im Wesentlichen auch nur um eine einzige, wenn auch für viele Menschen unzumutbare Änderung ging: Die Wärmeerzeugung mit fossilen Brennstoffen sollte durch Wärmepumpen ersetzt werden, um CO2 einzusparen. Was wurde falsch gemacht? Man hat die Fachleute aus der Branche der Technischen Gebäudeausrüstung, TGA, nicht angemessen zu Rate gezogen, wie dieses Ziel physikalisch sinnvoll und betriebswirtschaftlich machbar umzusetzen ist. Innerhalb weniger Tage „mal schnell“ eine Stellungnahme abzugeben und Vorschläge zu unterbreiten, war weder gut gemeint noch gut gemacht. Schließlich musste auf Druck der Bevölkerung nachgebessert werden, da die staatliche Zwangsverordnung für viele Menschen existenzbedrohend war. So wurde die zweite Novelle im Bundestag beschlossen.

Inhalte des Gebäudeenergiegesetzes

Nicht nur dass Wärmeerzeugung möglichst mit regenerativer Energie betrieben werden soll, es gibt viele gesetzliche Vorgaben und Regeln: Wie viel Energie darf ein Neubau noch verbrauchen, welche Anforderungen gibt es an den Austausch von Bauteilen wie Fenster und Türen, wie viel Energie darf nach der Sanierung der Fassade oder des Daches über diese Bauteile noch verloren gehen, wie müssen Heizungsleitungen gedämmt werden, wie luftdicht muss ein Gebäude sein, wie muss eine Heizungsanlage geregelt werden, wie viel Energie darf ein Ventilator in einer Lüftungsanlage pro Kubikmeter geförderter Luft verbrauchen und vieles weitere. Zum Thema Heizung lauten die Neuregelungen: Sobald die Kommunale Wärmeplanung abgeschlossen ist, also spätestens ab Juli 2028, muss jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. In Neubaugebieten trifft dies allerdings schon seit 1. Januar 2024 zu.

Heizkessel, die fossilen Brennstoff verbrauchen, dürfen nicht mehr betrieben werden, sobald sie 30 Jahre in Betrieb waren. Dies gilt jedoch nicht für Niedertemperatur-Heizkessel und Brennwertkessel sowie Heizungen mit einer Leistung von unter 4 oder über 400 KW. Jedenfalls dürfen Heizkessel längstens bis Ende 2044 mit fossilen Brennstoffen betrieben werden (§ 72 Abs. 4). Da heutzutage praktisch alle Heizthermen Brennwerttechnik haben, gilt also Entwarnung. 65 Prozent regenerativer Energie soll wie hier beschrieben genutzt werden. Dafür bietet sich eine Wärmepumpe an. Das GEG lässt aber auch andere Kombinationen zu.

Physik, Thermodynamik, Hydraulik

Warum ist der Austausch der Therme oder des Kessels nicht einfach 1:1 zu erledigen und würde stattdessen in vielen alten Häusern zu erheblichen Mehrkosten führen?

Die Leistungszahl der Wärmepumpe liegt im Durchschnitt bei 4, d.h. aus einem KW Strom werden 4 KW Wärmeenergie erzeugt. Eins plus drei gleich vier. Die Drei entspricht also einem Anteil von 75 Prozent regenerativer Energie, womit die Vorgabe des GEG erfüllt ist. Wärmepumpen holen die Energie aus der Luft oder der Erde und bedienen sich dabei eines Kältekreislaufes wie bei einem Kühlschrank. Wärme wird dem kalten Innenraum entzogen und trotzdem an die viel wärmere Küche abgegeben. Der Trick ist der Kältekreislauf, bei dem Druckänderungen des Kältemittels Temperaturänderungen hervorrufen.

Das Problem dabei ist: Gute Leistungszahlen hängen vom Temperaturniveau ab. Je höher die Heizungstemperatur sein muss bzw. je kälter die erneuerbare Energiequelle ist (Winterluft), desto schlechter ist der Wirkungsgrad. Der physikalische Vergleichsprozess, der dieses thermodynamische Gesetz beschreibt, wird auch als Carnot-Kreisprozess bezeichnet.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei einer Heizungsanlage ist die sogenannte Spreizung, der Temperaturunterschied zwischen dem Wasser, was zur Heizung hinfließt und dem, was unten wieder herausläuft und zurück in den Heizungskeller fließt, nachdem es seine Wärme über den Heizkörper an den Raum abgegeben hat. Dieser liegt bei den meisten Bestandsheizungsanlagen bei 15 bis 20 Kelvin, bei modernen Heizungen ist es die Hälfte.

Der nächste wichtige Punkt ist die Höhe der Vorlauftemperatur, die die Größe des Heizköpers bestimmt. Ein Heizkörper, der eine Heizleistung von 2 KW bei einer Vorlauftemperatur mit 70°C abgeben sollte, war viermal  kleiner als einer, der mit 35 Grad Heizungswasser die gleiche Leistung in den Wohnraum einbringen muss.1 Darum werden Neubauten mit Fußbodenheizungen ausgestattet, da bei niedrigen Vorlauftemperaturen viel größere Flächen beheizt werden müssen.

Die sogenannten Systemtemperaturen, der Heizungsvorlauf und -rücklauf veränderten sich im Laufe der Jahrzehnte von 90/70 bzw. 70/55 und schließlich 45/35 und 35/28 Grad bei Fußbodenheizungen. Es ist ein Unterschied, ob die Wärmepumpe im Neubau das Heizungswasser auf 35 Grad erwärmen oder in einem sanierten Altbau auf die doppelte Temperatur bringen muss.

Dies zeigt, Wärmepumpen benötigen ggf. größere Heizkörper und Anpassungen des Rohrleitungssystems, der Druckhaltung, der Heizungspumpe. Die gesamte Technik ändert sich. Es gibt zwar Anlagen, bei denen alles eher zufällig passt, weil sie ursprünglich überdimensioniert gebaut wurden oder durch Dämmmaßnahmen der Fassaden der Wärmebedarf gesunken ist. Aber auch das verursacht erstmal Kosten.

In den Gründerzeitvierteln der Großstädte tritt das Problem noch viel deutlicher zu Tage. Der Wärmebedarf für Vorderhaus, Seitenflügel und Hinterhäuser ist so groß, dass die notwendigen Aufstellflächen für die Wärmepumpen weder auf den Dächern, noch im Innenhof möglich wären. Von der Lärmbelastung ganz zu schweigen. Zwei gleich laute Schallquellen werden als doppelt so laut empfunden. Auch für Erdwärmebohrungen würden die Hofflächen gar nicht ausreichen, die Bebauung wäre viel zu dicht für die notwendigen Abstände zwischen den Bohrungen. In großen Städten mit dichter Bebauung wie in Berlin bleibt nur die Alternative der Fern bzw. Nahwärmenetzte über Geothermie. Hierbei wird Wasser aus mehreren Kilometern Tiefe geholt, welches die notwendigen Temperaturen besitzt, um die installierten Heizungen mit z. B. 70 Grad Vorlauftemperatur weiterhin betreiben zu können. Auch grüner Wasserstoff, der wie LNG (Flüssigerdgas) importiert würde, ist eine gute Alternative.

Historische Entwicklung

Es gibt eine Historie, die nicht unerwähnt bleiben sollte, denn Novellierungen in Verordnungen zum energetischen Standard sowohl von Wohn- als auch von Nichtwohngebäuden fanden seit jeher statt, wenn sich der Stand von Wissenschaft und Technik weiterentwickelt hat. Begonnen hatte alles mit der Wärmeschutzverordnung, die im August 1977 als erste Verordnung auf der Grundlage des Energieeinsparungsgesetzes vom 22. Juli 1976 erlassen wurde. Sie trat am 1. November 1977 in Kraft. Kurze Zeit später, am 22. September 1978 (BGBl. 1978 I S. 1581) kam die Heizungsanlagenverordnung dazu. Inhalte und Anforderungen wurden immer umfangreicher und anspruchsvoller.

Die erste Energieeinsparverordnung, kurz EnEV, trat am 1. Januar 2002 in Kraft und vereinigte die WärmeschutzV und die HeizAnlV. Am 1. Januar 2009 kam das EEWärmeG (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz) hinzu. Das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz), welches sich mit Stromerzeugung befasste, gab es schon seit 1. April 2000.  Im EEWärmeG wurde erstmals festgelegt, einen bestimmten Anteil des Heizenergiebedarfes aus regenerativen Energien, also Sonne, Luft, Erdwärme, Biogas etc. bereitzustellen Am 1. November 2020 hat das Gebäudeenergiegesetz dann alles zusammengefasst. Bis 2023 gab es viel Spielraum für sinnvolle Kombinationen, welche durch Fachleute individuell zusammengesetzt werden konnten, um am Ende einen bestimmten energetischen Standard zu erreichen. KfW-Energiesparhäuser, sowie Passiv – und Nullenergiehäuser ließen sich seinerzeit auf Grund der flexiblen Kombinationsmöglichkeiten relativ wirtschaftlich errichten.

Ab 8. September 2023 gilt nun die zweite Novelle des GEG

Wir als Fachleute der Technischen Gebäudeausrüstung werden zusammen mit den Architekten weiterhin sinnvolle technische Lösungen finden, um nicht mehr Energie als nötig und mit möglichst hohem regenerativen Anteil einzusetzen. Dazu braucht es keine Zwangsverordnung, sondern sinnvolle Fördermaßnahmen.

Ein zu versteuerndes Jahreseinkommen aller Haushaltsmitglieder von 40 000 Euro dürfte wohl nur für Alleinstehende oder ostdeutsche Rentner zutreffen. Wer eine völlig intakte Gasetagenheizung mit Brennwerttechnik austauscht, um nur um 20 Prozent Geschwindigkeitsbonus zu erhalten, handelt nicht nachhaltig. Schließlich wurde alles mal mit viel Energieeinsatz produziert, transportiert und eingebaut. Für viele bleibt die Basisförderung von 30 Prozent von maximal 30 000 Euro also lediglich 9 000 Euro. So wird das nichts mit der „Wärmewende“.2

Andreas Neyen

Andreas Neyen ist Diplomingeneur und Fachmann für Technische Gebäudeausrüstung (TGA). Er ist Geschäftsführer der ST Gebäudetechnik GmbH, Potsdam. An dieser Stelle schreibt er über Themen rund um die Gebäudetechnik. Außerdem engagiert er sich für Nachwuchsgewinnung im Handwerk.

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